Das gibt einem schon zu denken: Ein 55-jähriger mit Bluthochdruck hat ein doppelt so hohes Herzinfarktrisiko wie ein Gleichaltriger ohne Hochdruck. Kommt noch die Zuckerkrankheit hinzu, vervierfacht sich das Risiko.
Der Bluthochdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für die Erkrankungen des zentralen Nervensystems und der Herzkranzgefäße. Er ist die häufigste Ursache von Herzschwäche, verschlechtert grundsätzlich die meisten Nierenerkrankungen und insbesondere die arterielle Verschlußkrankheit der Beine. Jährlich versterben ca. 400.000 Menschen in der BRD an den Krankheiten aus dieser Gruppe. Es handelt sich um 16 Millionen Bluthochdruckpatienten, von denen leider nur 25% ausreichend behandelt werden.
Üblicherweise wird in der Bundesrepublik bei der Behandlung des Bluthochdrucks sofort zu Medikamenten gegriffen. Diese Behandlung führt häufig zu einer sehr schnellen Blutdrucksenkung. Das wird von den Patienten oft nicht vertragen, da der Hochdruck oft schon viele Jahre besteht. Außerdem haben viele dieser Medikamente Nebenwirkungen, so dass die Medikation häufig vom Patienten reduziert bzw. abgesetzt wird.
Dieser Artikel soll aufzeigen, was mit den scheinbar so einfachen Maßnahmen wie Erhöhung der körperlichen Aktivität, Reduktion von Kochsalz- und Alkoholkonsum, Streßbewältigung und Gewichtsreduktion zu erreichen ist.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass insbesondere jüngere Menschen diese Ratschläge sehr gerne annehmen. Leider ist der typische Bluthochdruck-Patient meist über 50 Jahre alt, lebte viele Jahre seines Lebens immobil und hat feste Ernährungsgewohnheiten. Viele Ärzte resignieren vorschnell, weil sie meinen, dass man von diesen Patienten keine Änderung des Lebensstils erwarten kann. Dennoch greife ich auch bei dieser Gruppe nicht sofort zum Rezeptblock. Es gibt Behandlungsprinzipien, die nicht auf Medikamenten basieren und auf die ich hiermit hinweisen möchte.
Hinsichtlich der Blutdrucksenkung brauchen sich diese Maßnahmen vor keiner medikamentösen Behandlung zu verstecken. Alle folgenden Ratschläge sind weitgehend wissenschaftlich beweisbar. Als Ihr Hausarzt lebe ich selbst nach diesen Prinzipien. Diese nicht-medikamentösen Allgemeinmaßnahmen gelten heute uneingeschränkt als Grundlage für jede Bluthochdruckbehandlung. Die WHO (Welt-Gesundheitsorganisation) benennt hier als wichtigste Maßnahmen zunächst die Gewichtsreduktion, die Kochsalz- und Alkoholbeschränkung.
Gewichtsreduktion: Eine Gewichtsreduktion zur Behandlung des hohen Blutdruckes ist sinnvoll, wenn ein Übergewicht mit einem Körper-Masse-Index von über 25 kg/m² vorliegt. Den Körper-Masse-Index berechnet man, indem man sein Körpergewicht durch die Körpergröße in Metern und dann nochmals durch die Körpergröße in Metern teilt (Beispiel: 85 Kg; 1.70 Meter – Rechnung: 85 : 1.7 : 1.7 = 29.41). Liegt dieser Wert wie bei dem Beispiel über 25, ist eine Gewichtsreduktion ins Auge zu fassen. Bekanntermaßen lässt sich Gewicht am besten reduzieren, indem die Ernährung umgestellt und mit einem Bewegungsprogramm kombiniert wird. Einzig die Kombination aus Ernährungsumstellung und mehr Bewegung stellt sicher, dass ein niedriges Körpergewicht auf Dauer auch gehalten werden kann.
Mit dem Gewicht steigt der Blutdruck. So haben übergewichtige Menschen ein sechs- bis achtmal höheres Risiko, an hohem Blutdruck zu erkranken als Normalgewichtige. Pro abgespecktem Kilo sinkt der systolische (obere Wert) Druck um 1.2 bis 1.6 mmHg, der diastolische (untere Wert) um 1.0 bis 1.3 mmHg. Außerdem begünstigt Übergewicht degenerative Gelenkveränderungen – und umgekehrt: Wer sich aufgrund seiner Schmerzen nicht mehr recht bewegen kann, neigt dazu, Gewicht zuzulegen.
Ernährungsumstellung: Werden bei bestehendem Bluthochdruck vermehrt Obst und Gemüse gegessen und gleichzeitig fettarme Milchprodukte verzehrt, gelingt eine Blutdrucksenkung im Schnitt von systolisch 11.4 bzw. 5.5 mmHg diastolisch. Der Grund für die Blutdrucksenkung liegt in deutlich niedrigeren Insulinspiegeln, die eine Kochsalzausscheidung über die Nieren fördern und somit den Blutdruck senken. Außerdem begünstigen niedrige Insulinspiegel die Lipolyse, die Auflösung des Fettgewebes.
Die Blutdrucksenkung gelingt auch durch die sog. Kreta-Diät. Diese mediterrane Kost ist beschrieben durch den regelmäßigen Verzehr von Fisch, Gemüse und Salaten sowie Olivenöl als Quelle einfach ungesättigter Fettsäuren. Im Rahmen einer großen Studie (Lyon-Diet- Heart-Studie) konnte gezeigt werden, dass diese Diät eine Reduktion der akuten Herzerkrankungen um 73% bewirkte. Die Sterblichkeitssenkung bei Patienten mit Herzkranzgefäß-Erkrankungen lag bei 70%. Auch diese Ernährung senkt den Blutdruck um 11 – 12 mmHg systolisch und 5 – 6 mmHg diastolisch.
Würzen statt Salzen: Nach den Empfehlungen der WHO ist nach der Gewichtsreduktion die Verringerung der Kochsalzaufnahme die zweitwichtigste Maßnahme bei hohem Blutdruck. Im günstigsten Fall gehört der Patient zu den salzempfindlichen Personen, die etwa 50% aller Bluthochdruckpatienten ausmachen. In diesem Fall kommt es unter einer verminderten Kochsalzaufnahme regelmäßig zu einem spontanen Abfall des systolischen und distolischen Blutdrucks. Der Effekt ist sehr ausgeprägt und kann mit einem Abfall bis zu 13 mmHg systolisch und bis zu 9 mmHg diastolisch führen.
Auch bei den Patienten, die auf eine Verminderung der Kochsalzaufnahme nicht ansprechen, ist diese Maßnahme dennoch dringend anzuraten. Diese Patienten werden in der Regel mit Blutdruckmedikamenten behandelt, die bei einer verminderten Kochsalzaufnahme besser zur Wirkung kommen.
Eine Normalisierung des Kochsalzverbrauchs auf 5-6g Kochsalz pro Tag gilt als ungefährlich und ist realisierbar. Um eine salzarme Ernährung zu erreichen, muss der Patient auf jedes Zusalzen verzichten, sein Essen salzarm in der Küche zubereiten. Beim Einkauf ist darauf zu achten, dass frische Ware oder Tiefkühlware gekauft wird. Mit Salz konservierte Nahrung ist zu meiden (Wurst, gepökelte Fleischsorten, Salzheringe, Matjesheringe, Fischkonserven, Fischsalate, Schmelzkäse, Schafskäse, Kartoffelchips, Salzgebäck, Dosengemüse, Salzgurken, gesalzene Nüsse sowie sog. Gewürzsalze). Alle Speisen sind zunächst nur mit Gewürzen und frischen Kräutern abzuschmecken. Erst zum Schluß wird mit wenig Salz der Geschmack abgerundet.
Dennoch ist Vorsicht anzumahnen: Eine streng salzarme Ernährung wird insbesondere von älteren Menschen oft nicht toleriert. Die Zeichen eines Natriummangels (Kochsalz ist Natriumchlorid) wie Muskelschwäche, Gangunsicherheit, Mattigkeit, eine erhöhte Fallneigung und mangelnder Appetit werden häufig nicht richtig gedeutet. Sie werden nicht als Folge des Natriummangels erkannt, sondern leider allzu oft einfach den Alterungsprozessen zugeschrieben.
Alkoholbeschränkung: Als dritte Ernährungsmaßnahme zur Blutdrucksenkung empfiehlt sich die Alkoholbeschränkung. Man weiß heute, dass der Blutdruck langsam ansteigt, wenn mehr als zwei bis drei alkoholische Getränke pro Tag konsumiert werden. Dieser kritische Punkt zum Blutdruckanstieg liegt bei einer maximalen täglichen Alkoholmenge von 20g bei Frauen bis 25g bei Männern (z. B. ein Viertel Wein, eine Flasche Bier). Eine Reduktion des Alkoholkonsums auf die genannten Mengen führt spontan zu einem Rückgang des Blutdrucks. Eine Wiederaufnahme der alten Trinkgewohnheiten führt entsprechend zu einem erneuten Anstieg des Blutdrucks.
Nikotinstop: Die Aufgabe des Nikotinkonsums vermindert das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten um 35 – 40 %. Jede Zigarette erhöht den Blutdruck akut bis über 10 mmHg. Blutdrucksenkungen bis 20 mmHg nach Aufgabe des Rauchens sind beschrieben.
Bewegungsprogramm: „Dem Menschen, der Nahrung zu sich nimmt, kann es nicht gutgehen, wenn er nicht gleichzeitig seinen Körper durch sportliche Ertüchtigung beansprucht.“ Mit großem Aufwand hat die moderne Herz-Kreislauf-Forschung diese 2.500 Jahre alte Aussage des Hippokrates wissenschaftlich bestätigt. Diese antike Erkenntnis umzusetzen ist notwendiger denn je. Die Tendenz zur körperlichen Immobilität durch mechanisierte Fortbewegungsmittel und die Überernährung durch die beliebige Verfügbarkeit von Lebensmitteln nimmt mehr und mehr zu. Der mobile moderne Mensch ist immobiler denn je.
Wer regelmäßig körperlich aktiv ist, beeinflußt nicht nur seinen Blutdruck positiv. Er verbessert auch sein Herz-Kreislauf-Profil insgesamt. Hinzu kommt immer ein günstiger Effekt auf die Lebensqualität.
Zahlreiche Studien wurden durchgeführt, mit denen der Einfluß von Sport und körperlicher Aktivität auf den Blutdruck dokumentiert wurde. Die Analyse von 25 solcher Studien hat gezeigt, dass sich der Blutdruck tatsächlich allein durch Sport und körperliche Aktivität im Mittel um 10.8 mmHg systolisch und 8.2 mmHg diastolisch senken läßt. Wenn Sie sich für ein Bewegungsprogramm entscheiden, beachten Sie bitte folgendes:
Vor Beginn einer neuen sportlichen Aktitvität den Hausarzt fragen!
Optimal ist eine Belastung, die mit einer Pulsuhr kontrolliert wird.
Schnelles Gehen (walking) dreimal pro Woche für 30 Minuten ist schon gesundheitlich wirksam!
Bei neu aufgetretenen Krankheitszeichen wie Schwindel, Brustschmerz, Herzenge oder Herz-Rhythmus-Störungen sofort den Arzt aufsuchen!
Längere und weniger anstrengende Belastungen sind besser als kurze und intensive Belastungen! Gehen Sie ganz einfach spazieren oder zu Fuß zur Arbeit!
Benutzen Sie die Treppen statt des Aufzugs. Lassen Sie das Auto für kurze Wege stehen! Wenn es möglich ist, gehen Sie zu Fuß zur Arbeit. Ein wunderbarer Grund, täglich spazieren zu gehen, ist ein Hund.
Ruhe und Entspannung: Der blutdrucksenkende Effekt von Atem- und Entspannungsübungen und Verhaltenstherapie konnte bereits in mehreren Untersuchungen belegt werden. Fast jedem Patienten ist bekannt, dass es Zusammenhänge zwischen belastenden Lebensbedingungen und dem erhöhten Blutdruck gibt. Wenn Sie mit Ihrem Alltagsstreß nicht fertig werden, nicht zur Ruhe kommen, wenn der Einfluß ungünstiger sozialer Lebensbedingungen für Anspannung sorgt, dann ist erhöhter Beratungsbedarf beim Hausarzt angezeigt. Entspannungsübungen – das kann auch ein Spaziergang an der frischen Luft sein – haben folgende Effekte:
Der Spannungszustand der Skelettmuskulatur wird gesenkt, ebenso wie der Gefäßwiderstand. Die Herzfrequenz nimmt ab. Mit sog. Entspannungsübungen sind Blutdrucksenkungen um 10 – 15 mmHg systolisch und diastolische Blutdrucksenkung um 5 – 10 mmHg möglich. Entspannungsmethoden sind besonders sinnvoll, wenn sie regelmäßig durchgeführt und geübt werden. Diese Patienten sind in der Regel hoch motiviert. So kommt es auch insgesamt zu einer Änderung des Lebensstils, die letztlich für jeden Hochdruckpatienten so wichtig ist.
Blutspenden: Hierzu habe ich keine richtungsweisende wissenschaftliche Arbeit gefunden. Viele Patienten berichten jedoch, dass sie sich nach dem Blutspenden ausgesprochen wohl fühlen und dass sie insbesondere einen niedrigeren Blutdruck aufweisen. Es ist bekannt, dass der Aderlass bei der Hochdruckkrise gelegentlich jeder anderen medikamentösen Maßnahme überlegen sein kann.
Was ist zu bedenken, wenn es trotz aller Bemühungen nur zu einer unzureichenden Blutdrucksenkung kommt? Dieses Problem kann durch eine Begleitmedikation verursacht sein kann. Folgende Medikamente sind zu nennen: Die Anti-Baby-Pille sowie die Hormonbehandlung der Frau in den Wechseljahren, Antirheumatika (insbesondere bei harntreibender Begleitmedikation), Cyclosporin A, Tacrolismus, MAO-Hemmer, trizyklische Antidepressiva, Steroide (Cortison-Präparate), einige Nasentropfen, Appetitzügler und Erythropoëtin können die Blutdrucksenkung verhindern.
Ganz wichtig: Regelmäßige Blutdruckmessungen sind erforderlich. Lernen Sie, Ihren Blutdruck selbst zu messen. Am besten jedoch läßt sich ein Behandlungserfolg feststellen, indem sog. Blutdrucklangzeitmessungen mit einem speziellen Blutdruckmeßgerät Ihres Hausarztes über 24 Stunden durchgeführt werden.
Ich habe Ihnen eine Reihe von Möglichkeiten zur Senkung des hohen Blutdrucks vorgestellt. Wie Sie gesehen haben, brauchen sich diese Maßnahmen hinter einer medikamentösen Behandlung nicht zu verstecken. Ihre positiven Auswirkungen auf den Gesundheitszustand bis ins hohe Alter gehen weit über die bloße Blutdrucksenkung hinaus. Suchen Sie sich eine oder ggf. mehrere vorgeschlagene Maßnahmen aus: Beginnen Sie jetzt und gleich, Ihren Blutdruck ohne Medikamente zu senken.
Übrigens: Wann haben Sie zum letzten Mal richtig gelacht? Sagen Sie jetzt nicht, dass es nach der Literatur dieses Artikels nichts zu lachen gäbe. Einen Grund dafür gibt es in jedem Fall: Lachen sorgt für Wohlbefinden. Das hat eine Studie des Psychologischen Instituts der Universität Graz jetzt bestätigt. Regelmäßiges und herzhaftes Lachen hebt die Grundstimmung und senkt den Blutdruck. Die Patienten, die im Rahmen der Studie über drei Wochen lang herzlich gelacht hatten, wiesen eine deutliche Blutdrucksenkung um etwa 6 mmHg auf. Wie sich zeigte, hatte das regelmäßige Lachen eine nachhaltige Wirkung auf die Grundstimmung. Die Patienten wurden gelassener, heiterer, fühlten sich frischer und weniger ängstlich. Es kommt dabei letztlich zu einer Veränderung der Hirnaktivität. Bei einem längerfristigen Lachtraining wirken diese Veränderungen dauerhaft nach. Nicht nur im Internet (www.lachyoga.de) bekommen wir bestätigt, dass Lachen die beste Medizin ist.